
Etwas, das auf den großen Kreuzfahrtschiffen nicht stattfindet: ein  Besuch im richtigen Leben Ägyptens, auf Märkten, die normalerweise nur  von Einheimischen besucht werden. Die Entfernung wäre vermutlich noch  als Wanderung geeignet gewesen, aber auch wieder nicht so nah, dass die  Bustour albern wäre. Zumal der Ausflug auch nur für den halben Tag  gedacht war, zum Mittag sollen alle wieder auf dem Schiff sein.  Verschiedene meiner Mitreisenden erreichten mit diesen Gefährten den  abenteuerlichsten Punkt ihrer Reise, aber letztendlich haben sie sich  schon an vielen Ecken der wärmeren Welt bewährt. 


Der Viehmarkt


Auf dem Markt von Darau werden fast alle Arten von Nutzvieh  gehandelt: Kamele, Rinder, Wasserbüffel, Schafe, Ziegen und Esel. Pferde  habe ich dort nicht gesehen, aber auch bei uns gibt es für Pferde ja  separate Märkte. Daneben gibt es Seile und was man ansonsten so zur  Pflege und Handhabung der Tiere braucht. 

Das  alte Ägypten war erkennbar nicht die Leidenschaft unseres Führers,  seine Koranstunden lagen ihm schon deutlich näher am Herzen. Aber so  richtig in sein Element kam der Sohn eines Viehhändlers hier auf dem  Markt. Hier war er kaum zu bremsen und stand für Erklärungen aller  Tricks und Gebräuche zur Verfügung. So kaufen arme Bauern häufig  zusammen mit einem Financier junge Weibchen. Der Financier bezahlt den  Preis und überlässt dem Bauern das Tier zur Pflege und Aufzucht. Der  Bauer zieht das Tier groß und verpaart es. Wenn das Junge da ist, gehen  beide, der Bauer und sein Geldgeber, wieder zusammen auf den Markt,  verkaufen beide und teilen sich den Erlös hälftig. Das ist der Grund,  warum man so viele Stuten, Geißen und Schafe mit Jungen sieht und oft  auch vier Männer darum verhandeln.
Manche Szenen könnten auf den ersten Blick auch fast dem Mittelalter  entsprungen sein. Erst auf den zweiten Blick entdeckt man zum Beispiel  die allgegenwärtigen Mobiltelefone. 


Den  einhöckrigen Kamelen, den Dromedaren, wird auf dem Markt gern ein Bein  hochgebunden. Das hat damit zu tun, dass Kamele im Gegensatz zu anderen  Tieren auch zur Seite ausschlagen können. Auf drei Beinen kann man immer  noch gut stehen, aber auf zweien - das überfordert ihren  Gleichgewichtssinn. Anscheinend lernt ein Kamelfohlen die Tricks seiner  Mama auch erst später, hier scheint es nicht notwendig zu sein, auch das  Fohlen zwangsweise ruhig zu stellen. 

An verschiedenen Stellen kommt man zu dem Schluss, dass einerseits in  Ägypten und andererseits vielleicht allgemein bei der Landbevölkerung  die Haltung zu Nutztieren etwas anders ist als wir, die wir meistens  Städter sind, uns das vorstellen. Und auch für die Tiere, die auch für  den Laien ersichtlich in allen Qualitäten von "stattlich" bis "reif für  den Schlachter" angeboten werden, ist der Markttag teilweise sichtbar  stressig. Das ist sicher meistens nicht schlimm, schließlich muss jeder  mal durch Härten durch.
 Trotzdem saß mitten im Trubel ein alter Mann auf dem Boden und tröstete sein zitterndes Lämmchen.   




Es  wird vielleicht lange gefeilscht auf dem Markt, aber der Preis ändert  sich nicht sehr, denn der Verkäufer zahlt Standgebühr für seinen  Wunschpreis. Deshalb wechseln die Tiere nach und nach die Besitzer und  werden abtransportiert - mehr oder weniger willig. Andere kommen nicht  mehr weit und enden gleich in der Kantine, wo man sich sofort stärken  kann oder sich sein Stück Fleisch mitnehmen. Was hier hängt, war mal ein  Kamel. Es muss wenigstens ein Jahr alt gewesen sein, wie uns Muchta  verriet, denn erst ab dann fangen sie an zu schmecken. Auch unser  Chefsteward hat hier noch was für die Kombüse einpacken lassen.  
Der Gemüsemarkt


 Nach einer längeren Fahrt kamen wir zum Gemüsemarkt von Darau. Er wurde  so genannt, aber eigentlich gab es dort alles außer Großvieh. Gemüse,  Geflügel, Nahrungsmittel und Gewürze, Hausrat, Textilien. Gelegentlich  war die Aufbewahrungs- und Präsentationsart der Waren für uns  Mitteleuropäer etwas gewöhnungsbedürftig, aber wir sollten uns über die  Herkunft unserer Waren und Nahrungsmittel vielleicht keine allzu großen  Illusionen machen. Diese Hühner dürfen bald wieder frei herumlaufen,  wenn sie nicht in irgendwelchen Töpfen enden. Unser Tiefkühlhühnchen hat  meistens niemals den Himmel gesehen und ist wahrscheinlich im Käfig  aufgewachsen. Es hat sehr wahrscheinlich ein erheblich elenderes Leben  geführt als diese, die die Bäuerin gerade unter die Leute bringen  möchte.  
 
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